Inklusion und Kinderschutz neu denken

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Beim "Markt der Möglichkeiten" stellten sich regionale Institutionen und Vereine vor, die sich mit dem Thema Inklusion beschäftigen. Foto: Katharina Buschmann / Märkischer Kreis

21. Fachtag der Initiative „Kindeswohl heute“

(pmk). Unter dem Titel „Inklusion und Kinderschutz“ hat die Initiative „Kindeswohl heute“ eine Fachtagung zu bedarfsgerechten inklusiven Schutzkonzepten für Kinder und Jugendliche im Kulturhaus in Lüdenscheid veranstaltet. Das Angebot lockte etwa 170 Fach- und Lehrkräfte mit einem abwechslungsreichen Programm und spannenden Workshops. Inklusion und Kinderschutz sind im Märkischen Kreis und darüber hinaus wichtige und aktuelle gesellschaftliche Themen. Dabei geht es vor allem um mehr Teilhabe von jungen Menschen mit Beeinträchtigung und deren Familien an den Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe. Doch was bedeutet das in der Praxis?

Gut ausgebildetes Netzwerk

Neben flächendeckenden inklusiven Angeboten in der Jugendhilfe braucht es dazu auch ein gut ausgebildetes Netzwerk an sensibilisierten Fachkräften. Unter dem Motto „Aus der Region, für die Region“ lieferte der Fachtag „Inklusion und Kinderschutz“ der Initiative „Kindeswohl heute“ im Kulturhaus Lüdenscheid einen umfassenden Überblick über bewährte Angebote und Projekte im Kreisgebiet. Neben zwei spannenden Fachvorträgen von Prof. Dr. Tobias Bernasconi und Prof. Dr. phil. Heike Wiemert gab es in anschließenden Workshops für die Fach- und Lehrkräfte die Möglichkeit, sich intensiv mit neuen Impulsen, Strategien und praktischen Ansätzen rund um Inklusion und Kinderschutz auseinanderzusetzen.

Herausragende Arbeit in Kitas und Schulen

Begrüßt wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Lüdenscheids Bürgermeister Sebastian Wagemeyer. Als ehemaliger Lehrer weiß er, welche herausragende Arbeit in den Schulen und Kitas geleistet wird. Dabei betonte er auch die großen Fortschritte beim Ausbau des Kita-Angebotes in Lüdenscheid, das ab Herbst 2025 eine Vollversorgung für Kinder über drei Jahren bereitstellen kann. „Die Stadt und alle Beteiligten haben hier tolle Arbeit geleistet. Ich denke, daran erkennt man auch, welch hohen Stellenwert Themen wie Kinderschutz und Inklusion in unserer Region haben. Der heutige Fachtag ist das beste Beispiel dafür“, bedankte sich Wagemeyer.

Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigung wirklich sehen und verstehen

Anschließend übergaben Meinolf Hammerschmidt, Leiter des Kreisjugendamtes, und Kim Heinzer, Koordinierende Kinderschutzfachkraft beim Märkischen Kreis, das Wort an die Referenten. Prof. Dr. Tobias Bernasconi, Lehrstuhlleiter „Pädagogik und Rehabilitation bei geistiger und komplexer Behinderung“ an der Universität zu Köln, startete mit dem Thema „Professionelle Interventionsstrategien im inklusiven Kontext“ in den inhaltlichen Teil der Veranstaltung. Sein Vortrag beschäftigte sich mit den Herausforderungen im Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern und stellte dabei praxisorientierte Interventionsstrategien und Hilfestellungen für den pädagogischen Alltag in den Mittelpunkt.

Herausforderndes Verhalten

Dabei differenzierte er, dass erst von herausforderndem Verhalten gesprochen werden könne, wenn Kinder und Jugendliche in unterschiedlichen Situationen oder Systemen auffällig sind. Ein zentraler Punkt der pädagogischen Arbeit sei daher die Beobachtung und die Frage, welche Bedürfnisse hinter bestimmten Verhaltensweisen stecken: „Es ist ein wesentlicher Punkt, Kinder und Jugendliche erst einmal zu verstehen. In der Praxis wird oft direkt mit Interventionen gestartet. Dabei ist es immer sinnvoll, auch mit den Kolleginnen und Kollegen in den Austausch zu treten, Beobachtungen auszutauschen und gemeinsam über sinnvolle Maßnahmen nachzudenken“, erläuterte Bernasconi.

Wichtige Sichtweisen und Impulse

Auch Prof. Dr. phil. Heike Wiemert, Professorin für Theorien, Konzepte und Methoden Sozialer Arbeit, Schwerpunkt Inklusiver Kinderschutz von der katho NRW, lieferte mit ihrem Vortrag „Kinder und Jugendliche mit Behinderungen im Kinderschutz mitdenken – heißt Kinderschutz neudenken!“ wichtige Sichtweisen und Impulse. Sie skizzierte die bisher untergeordnete Rolle des Kinderschutzes, obwohl Kinder und Jugendliche beim Thema Gewalt oft einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind. Dabei stellte Wiemert insbesondere die Bedarfe von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung in den Vordergrund und wie diese mit Prävention, Intervention, Nachsorge und Aufarbeitung weiterentwickelt werden können: „Wir müssen uns mit unterschiedlichen Problemwahrnehmungs- und Handlungsebenen im Bereich inklusiver Kinderschutz beschäftigen und daran arbeiten, diese zusammenzuführen und weiterzuentwickeln.“ In ihrem Fazit schloss sie sich Prof. Dr. Bernasconi an: „Das Projekt und das Thema inklusiver Kinderschutz nimmt Fahrt auf. Es ist zwar noch ein langer, aber wichtiger Weg, damit Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigung wirklich gesehen und verstanden werden.“

Sechs Fachforen

Im Anschluss erwartete die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein vielfältiges Angebot aus insgesamt sechs themenbezogenen Fachforen. In den Workshops konnten die Fach- und Lehrkräfte gemeinsam mit Expertinnen und Experten diskutieren und wertvolle Impulse für ihre eigene pädagogische Arbeit mitnehmen. Dabei ging es unter anderem um aktuelle und praxisnahe Themen wie unterstützende Kommunikation als Hilfsmittel in Kita und Schule, Schulbegleiter als Einzel- oder Poollösung oder das Recht auf Partizipation in der Kita. 

Unter viel Applaus sorgte das Inklusive Kabarett der Integrativen Kulturwerkstatt „Alte Schule“ mit ihrem Programm für einen stimmungsvollen Ausklang der Veranstaltung.

wave.inc

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