Mehr als nur ein Job

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Sie pflanzen Blumen, säubern den Friedhof oder schleifen Parkbänke ab – Langzeitarbeitslose Menschen die eine sogenannte Arbeitsgelegenheit wahrnehmen, umgangssprachlich auch besser bekannt als „Ein-Euro-Job“. Foto: UvK/ Ennepe-Ruhr-Kreis

Geförderte Arbeitsgelegenheiten stehen auf der Kippe

(pen) Sie pflanzen Blumen, säubern den Friedhof oder schleifen Parkbänke ab – Langzeitarbeitslose Menschen, die eine sogenannte Arbeitsgelegenheit wahrnehmen, umgangssprachlich auch besser bekannt als „Ein-Euro-Job“. Was viele nicht wissen: Hierbei geht es nicht darum, Bürgergeld-Empfänger zu einer sinnlosen Beschäftigung zu zwingen, sondern um eine Chance, zurück ins Leben zu finden. Diese Arbeitsgelegenheiten stehen jetzt allerdings auf der Kippe. Denn: Die Bundesregierung plant, im kommenden Jahr bis zu 500 Millionen Euro für die Arbeitsmarkt-Integration einzusparen.

Chance für den Neuanfang

Armin Schütz leitet eine dieser vom Jobcenter des Ennepe-Ruhr-Kreises geförderten Angebote für langzeitarbeitslose Menschen. Der gelernte Kfz-Mechaniker ist bei der Gebal beschäftigt, der „Gevelsberger und Ennepetaler Beratung und Arbeitsgelegenheiten“. Tagtäglich begleitet er rund 24 Menschen auf ihrem Weg, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und neu anzufangen. Alkohol- oder Drogenkonsum, kognitive Einschränkungen, psychische Probleme – viele der Teilnehmenden haben eine Vorgeschichte, die einen Einstieg auf dem ersten Arbeitsmarkt quasi aussichtslos macht. Sprachprobleme, Schulden oder schwierige Familienverhältnisse lassen das Selbstbewusstsein manchmal zusätzlich schrumpfen.

Aufräumen am Industriemuseum

Morgens ab 8 Uhr von montags bis freitags treffen sie sich am Industriemuseum Ennepetal, pflegen den Außenbereich, reparieren Kaputtgegangenes oder decken Tische für eine kommende Veranstaltung ein. Aber auch außerhalb des Museums ist die Truppe im Einsatz. So schichten sie zum Beispiel den Meiler für das Meilerfest in Ennepetal auf oder bauen Holzhütten für einen Weihnachtsmarkt. „Damit die Leute verschiedene Dinge ausprobieren und ihre Fähigkeiten und Interessen finden können, sollten die Aufgaben sinnvoll und abwechslungsreich sein,“, betont Schütz.

Arbeit ist mehr als nur Geldverdienen

„Arbeit zu haben, ist so viel mehr als Geldverdienen“, weiß er. Und genau darum geht es auch: Wieder eine feste Tagesstruktur haben, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten erlangen, sich in eine soziale Gruppe einfügen. Aufgeben würden nur ganz wenige. „Und auch dann bleiben wir dran. Fahren bei den Leuten Zuhause vorbei, schauen was los ist, telefonieren, motivieren“, so Schütz. Die meisten Teilnehmer aber wollen dabeibleiben, auch wenn die Maßnahme nach einem halben Jahr endet. Bis zu drei Jahre lang kann eine Teilnahme immer wieder neu genehmigt werden.

Die meisten finden neuen Job oder Ausbildung

„Der Weg dieser Menschen ist oft länger. Eine schwierige Vergangenheit und jahrelange Arbeitslosigkeit überwindet man nicht in sechs Monaten. Aber der Einsatz lohnt sich“, weiß auch Dirk Farchmin, Leiter des Jobcenters EN. Denn: Für die meisten Teilnehmer geht der Weg nach ihrer Teilnahme an für sie gestalteten Angeboten weiter. Sie stabilisieren sich, fassen neuen Mut und finden Jobs, Ausbildungsplätze oder eine Beschäftigung in den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen.

Kaum noch finanzielle Möglichkeiten

Für 2025 stehen dem Jobcenter allerdings kaum noch finanzielle Möglichkeiten zur Verfügung, Entsprechendes anzubieten. „Ich möchte diese Menschen nicht zurücklassen. Und schlimm genug, dass dieses soziale Argument kein Gewicht hat. Wenn ich aber gar nicht mehr versuche, diese Menschen auf dem Arbeitsmarkt unterzubringen und ihnen stattdessen ein Leben lang Sozialleistungen finanziere, rechnet es sich auch betriebswirtschaftlich nicht,“, appelliert Farchmin in Richtung Berlin und an die Adresse der Bundesregierung, das Einsparvorhaben noch einmal zu überdenken.

Kommendes Jahr ist gesichert

Die Arbeit der Gebal ist zumindest für das kommende Jahr gesichert. „Sie steht hier beispielhaft für eine Reihe von vielen weitere Trägern im Kreis, die solche Angebote für die Menschen und für das Jobcneter EN auf die Beine stellen und mit uns hervorragend zusammen arbeiten“, so Farchmin

Stichwort Gebal:

Gebal steht für „Gevelsberger und Ennepetaler Beratung und Arbeitsgelegenheiten“ und gehört gemeinsam mit der Homborner Werkstatt und den Tagesgestaltenden Angeboten zum Hilfefeld „Arbeit und Beschäftigung“.

Die Gebal ist langjähriger verlässlicher Partner des Landschaftsverbandes Westfalen Lippe (LWL) und des regional zuständigen Jobcenters EN. Im Auftrag dieser Kostenträger, teilweise ergänzt durch Mittel des Europäischen Sozialfonds (ESF), führt die Gebal seit Jahren mit Erfolg verschiedene Arbeitsmarktprojekte – darunter als einziger Träger im Ennepe-Ruhr-Kreis die „Hilfe zur Arbeit“ – und Integrationsmaßnahmen für unterschiedliche Zielgruppen durch.

wave.inc

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