Klagewelle beim Arbeitsgericht

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55 KOSTAL-Beschäftigte wehren sich gegen ihre Kündigung

Von Hendrik Klein

Beim Arbeitsgericht in Iserlohn häufen sich die Kündigungsschutzklagen im Zusammenhang mit der Betriebsstilllegung der KOSTAL Automobil Elektrik GmbH & Co. KG in Lüdenscheid. Das Unternehmen hatte bereits im Juni 2022 angekündigt, seine Standorte in Lüdenscheid und Meinerzhagen zum Ende dieses Jahres aufzugeben. Betroffen von der Schließung sind im Märkischen Kreis rund 1.750 Beschäftigte.

36 Verfahren noch nicht abgeschlossen

„Insgesamt sind beim Arbeitsgericht Iserlohn bisher 55 Kündigungsschutzklagen eingegangen, davon sind derzeit noch 36 Verfahren anhängig“, erklärt auf Nachfrage der für Presseauskünfte zuständige Richter Timo Holger Mohr. Zwischen dem 27. November und 31.12.2023 sind insgesamt 38 Kündigungsschutzklagen eingegangen, im Januar und Februar weitere sechs, im Juni bisher elf. Timo Holger Mohr: „19 Verfahren endeten mit Vergleichen, es gab sechs Versäumnisurteile, bei 19 weiteren Verfahren kommt es voraussichtlich im Juli oder August zum Kammertermin.“ Ein Versäumnisurteil ergeht auf Antrag einer Partei, wenn der Gegner zum Termin trotz ordnungsmäßiger Ladung ausbleibt oder nicht verhandelt. In diesen sechs Fällen blieben die Kläger der jeweiligen Sitzung fern. Aufgrund des Lüdenscheider Unternehmenssitzes der Sitzes KOSTAL Automobil Elektrik GmbH & Co. KG und des Beschäftigungsortes gehören die Verfahren grundsätzlich in die Zuständigkeit dieser beiden Kammern am Gerichtstag Lüdenscheid. Verhandelt wird jeweils im Gebäude des Amtsgerichts am Dukatenweg. Zuständig sind die 2. und 3. Kammer des Arbeitsgerichts von Richter Timo Holger Mohr und Richterin Carolin Rautenberg.

Zehn Monate über Sozialplan verhandelt

Nach Information dieser Redaktion verhandelten der KOSTAL-Betriebsrat, IG Metall und beratend die Agentur für Arbeit rund zehn Monate über einen Interessenausgleich und Sozialplan – dabei soll es teilweise auch sehr hart zugegangen sein. Ein Sozialplan hat grundsätzlich den Zweck, einen Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile zu schaffen, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des Betriebs infolge einer vom Arbeitgeber geplanten Betriebsänderung entstehen.

429 Kündigungen in zwei Wellen

In zwei Wellen waren 429 Beschäftige betriebsbedingt gekündigt worden – 243 im November 2023 zum 30. Juni dieses Jahres, 186 weitere im Mai 2024 zum Jahresende. Einige Arbeitnehmer waren vorher freiwillig ausgeschieden und kamen so in den Genuss der im Sozialplan festgelegten sogenannten „Sprinterprämie“. Die sah noch einmal 1.000 Euro zusätzlich zum Monatsgehalt für jeden Monat vor, den sie sie das Unternehmen früher verlassen. Mitarbeitende in der Altersgruppe zwischen 56 und 62 Jahren erhielten 18 Monatsgehälter, alle jüngeren zwischen 12 und 14 Monatsgehälter. Darüber hinaus gab es eine „Klageverzichtsprämie“ von einmalig 3.000 Euro.

„Sozialplan kein Anlass zum Jubel“

Fabian Ferber, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Märkischer Kreis und bei der IG Metall zuständig für die Kostal-Gruppe, erklärte seinerzeit zum Abschluss der Verhandlungen: „Ein Sozialplan kann nie Anlass zum Jubel sein, weil er in Zeichen eines Strukturwandels eben auch für schmerzhafte Umbrüche steht. Im Rahmen unserer Möglichkeiten haben Betriebsrat und IG Metall gemeinsam mutig für dieses Paket verhandelt. Gemeinsam mit dem Arbeitgeber, der Agentur für Arbeit und anderen haben wir nun dafür zu sorgen, dass niemand am Ende des Prozesses in Arbeitslosigkeit und Existenznot gerät. Auch aufgrund der langen Zeitspanne haben wir die Chance und die Pflicht, dieses zu erreichen.“

„Keine überdurchschnittliche Belastung“

„Die Anzahl der Verfahren sorgte in den Zeiträumen der Eingänge für eine erhöhte Belastung der 2. und 3. Kammer des Arbeitsgerichts Iserlohn, die allerdings durch monatliche Schwankungen bei den Verfahrenseingangszahlen insgesamt nicht zu einer überdurchschnittlichen Belastung geführt haben. Insgesamt bewegen sich die Eingangszahlen aller Kammern auf einem eher ausgeglichenen Niveau“, erklärt Richter Timo Holger Mohr. „Nach dem richterlichen Geschäftsverteilungsplan des Arbeitsgerichts Iserlohn ist grundsätzlich ein Mechanismus zur Entlastung der einzelnen Kammern bei Masseverfahren vorgesehen. Dieser Mechanismus kam im Falle der Verfahren gegen die KOSTAL Automobil Elektrik GmbH & Co. KG nicht zum Tragen, wobei fast genau die Grenze von 40 Verfahren in 30 Kalendertagen ausgereizt worden ist.“

DURA-Verfahren im dreistelligen Bereich

In der Vergangenheit hat es immer mal wieder höhere Eingangszahlen gegeben – beispielsweise aufgrund von Betriebsänderungen und/oder Insolvenzen von Unternehmen. Als Beispiel hoher Verfahrenseingänge in Bezug auf Kündigungsschutzklagen können die Insolvenz der Lenne-Kliniken GmbH mit dem St. Vinzenz Krankenhaus und dem St. Vinzenz Seniorenzentrum im Jahr 2016 genannt werden oder die Betriebsstilllegung der DURA Automotive Plettenberg Leisten & Blenden GmbH und der Dura Automotive Body & Glass Systems GmbH & Co. KG. Bei den beiden letztgenannten Firmen kam es zu einer großen Anzahl an Verfahren im dreistelligen Bereich.

wave.inc

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