Neuer Superintendent Oliver Günther will Strukturwandel gestalten
Von Hendrik Klein
Der neue Superintendent Oliver Günther ist im Ev. Kirchenkreis Iserlohn angekommen – im wahrsten Sinne des Wortes. „Wir sind am 1. Juli nach Iserlohn gezogen“, verrät der 50-Jährige. Seine Ehefrau sowie die beiden 16 und 13 Jahre alten Töchter sind aus Freudenberg im Siegerland, wo die Familie zuletzt zuhause war, mit in die Waldstadt gekommen. Oliver Günther war dort zuletzt Pfarrer der Ev. Kirchengemeinde Oberholzklau.
Im vierten Wahlgang gewählt
Zum neuen Superintendenten und damit zum Nachfolger der aus persönlichen Gründen ausscheidenden Martina Espelöer war Günther von den 106 Synodalen am 27. April gewählt worden. Seine Wahl war die spannendste in der Geschichte des Kirchenkreises. Der 50-Jährige konnte sich erst im vierten Wahlgang gegen Pfarrerin Sandra Sternke-Menne und Pfarrer Tom Mindemann durchsetzen. Oliver Günter erhielt letztlich 50 Ja-Stimmen von 89 – zwei mehr als erforderlich. In sein Amt eingeführt wurde der neue Superintendent am 26. Juni in der Obersten Stadtkirche in Iserlohn. Seit dem 1. Juli steht Günther an der Spitze von insgesamt 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den 23 dem Kirchenkreis angehörigen Kirchengemeinden mit zusammen rund 79.800 Gemeindegliedern.
Neuanfang ist ein großer Schritt
„Für mich ist es ein großer Neuanfang, ein großer Schritt“, erklärt Oliver Günther beim Besuch dieser Redaktion. Ihm gehe es jetzt zunächst erst einmal darum, sich ein Netzwerk aufzubauen. Gänzlich neu sind dem 50-Jährigen die Aufgaben eines Superintendenten nicht. Er hatte diese Position bereits zwei Jahre lang im Ev. Kirchenkreis Prignitz in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg inne. Sein Amt hatte er seinerzeit aus familiären Gründen aufgegeben. 2015 war dann der Wechsel ins Siegerland erfolgt.
Nicht alles wird Bestand haben
Auf Oliver Günther warten eine große Aufgabe und viel Arbeit. „Wir stehen vor großen Herausforderungen. Vieles, was bisher möglich war, wird auf Dauer keinen Bestand mehr haben“, weiß der Superintendent. Aber feststehe: „Von unserer kirchlichen Identität werden wir uns nicht verabschieden.“ Günther sieht auch für seinen Kirchenkreis einen nötigen Strukturwandel. Das liege nicht zuletzt auch an schwindenden finanziellen Möglichkeiten. „In diesem Jahr ist die Kirchensteuerentwicklung zum ersten Mal seit mehr als einem Jahrzehnt negativ“, prognostiziert der neue Chef im Kreiskirchenamt. Er erwartet Einnahmen in Höhe von 12,846 Millionen Euro. Im vergangenen Jahr waren es noch gut 100.000 Euro mehr. „Noch ist kein Anlass zur Nervosität gegeben, aber diese Entwicklung wird sich voraussichtlich leider fortsetzen.“
28,25 Pfarrstellen
Zurzeit verfügt der Ev. Kirchenkreis Iserlohn über 28,25 Pfarrstellen, was einem leichten Überhang entspricht. Grundlage hier ist eine Pfarrstelle pro 3.000 Gemeindeglieder. Auch den heimischen Kirchenkreis plagen Nachwuchssorgen und sinkende Mitgliederzahlen. Interprofessionelle Pastoralteams könnten eine Lösung sein. Oliver Günther: „Die nötigen Einsparungen werden auch Schmerzen verursachen.“ Man müsse sehen, was künftig noch machbar sei. Für den 50-Jährigen steht aber fest: „Unsere kirchliche Identität muss Bestand haben.“
Weniger Kirchensteuer-Einnahmen
Für den neuen Hausherren an der Piepenstockstraße in Iserlohn bedeutet das: „Der Strukturwandel muss vorangetrieben werden. Wir müssen nach vorne gestalten“. Jetzt müsse man in einigen Bereichen den Rückbau organisieren. Seine Aufgabe sieht Günther darin, die Gemeinden zu motivieren, zusammenzuarbeiten. Klar sei nämlich: „Alte Kleider sind nicht mehr finanzierbar.“ Von der Erwartung, die Landeskirche werde den Haushalt des Kirchenkreises schon ausgleichen, müsse man sich verabschieden. Das zeigte auch der Bericht der kreiskirchlichen Verwaltung Sauerland-Hellweg bei der jüngsten Kreissynode. Deren Finanzprognose für 2024 zeigte eine geplante Reduzierung der Kirchensteuereinnahmen um 1,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Unverzichtbare Exitenzberechtigung
Für die Kirche und seinen Kirchenkreis sieht Oliver Günther dennoch eine unverzichtbare Existenzberechtigung. „Wir müssen uns einmischen – auf dem Boden des Evangeliums. Wir sind eine Stimme, die wir dringend brauchen.“ Dazu gehöre, nahe am Menschen zu sein. „Das Leben beginnt mit dem Segen und wird mit dem Segen aus den Händen gegeben“, ist die feste Auffassung des neuen Superintendenten.