(EB) Das Statistische Bundesamt hat die Zahlen zur kommunalen Finanzsituation 2024 veröffentlicht. Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Hans-Günter Henneke kommentierte diese gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland wie folgt: „Die Zahlen zur kommunalen Kassenlage zeigen ein Rekorddefizit von 24,3 Mrd. €, aus dem die Kommunen ohne signifikante steuernde Maßnahmen des Bundes nicht wieder herauskommen können. Gegenüber dem Vorjahr sind die Finanzen der Landkreise, Städte und Gemeinden um beispiellose 18 Mrd. € abgestürzt. Das kommunale Defizit steigt damit in bislang unbekannte Dimensionen und ist nahezu dreimal so hoch wie das bisherige Rekorddefizit aus dem Jahr 2003. Ursächlich ist insbesondere der starke Anstieg der laufenden Ausgaben um nahezu 9 % und hier insbesondere der Ausgaben für die sozialen Leistungen um fast 12 %. Besonders hohe Zuwächse weisen die Kinder- und Jugendhilfe mit 17,1 % und die Eingliederungshilfe mit 13,6 % auf. Gleichzeitig nehmen die Personalausgaben aufgrund von erhöhten Qualifikationsanforderungen, Aufgabenzuwächsen und der bisherigen Tarifabschlüsse mit 8,9 % kräftig zu. Neue kostenträchtige Tarifabschlüsse stehen unmittelbar bevor. Hinzu treten die Verlustausgleiche für kommunale Krankenhäuser. Derartig hohe Ausgabezuwächse hält kein Haushalt aus. Erst recht nicht, wenn die eigene Einnahmebasis so schwach ist wie auf kommunaler Ebene. So kann es nicht weitergehen.“
Verdreifachung des Anteils an der Umsatzsteuer
Daher fordere der Deutsche Landkreistag aus gutem Grund eine Verdreifachung des kommunalen Anteils an der Umsatzsteuer, was zwischen 11 und 12 Mrd. € pro Jahr ausmachen würde, sowie eine deutliche Reduzierung der vor allem durch Bundesgesetze angetriebenen Ausgabedynamik. „Potenzial gibt es z.B. beim Bürgergeld durch die Streichung der Karenzzeiten beim Wohnen und bei der Vermögensanrechnung, was bis zu 250 Mio. € pro Jahr ausmachen würde“, sagte er.
Bürgergeld für ukrainische Geflüchtete falsch
Außerdem sei es von Anfang an falsch gewesen, ukrainischen Geflüchteten Zugang zum Bürgergeld zu gewähren. „Das sollte für neu einreisende Ukrainer wegfallen. Der Bund beteiligt sich schließlich nur noch zum Teil an den Unterkunftskosten für Geflüchtete im Bürgergeld. Bis 2021 hatte er diese Kosten komplett getragen. Dadurch fehlen den Landkreisen und Städten mittlerweile 8,4 Mrd. €. Wir haben kein Verständnis dafür, dass sich der Bund hier herausgezogen hat, denn er muss die große Zahl an Geflüchteten verantworten. Es gibt keinen Grund, den Kommunen diese Kosten aufzubürden. Wir fordern eine Rückkehr zur vollständigen Kostenübernahme!“
Unterhaltspflichtige Kinder früher für Eltern heranziehen
Ein weiteres teures Gesetz sei das Angehörigen-Entlastungsgesetz. Damit hat der Bundesgesetzgeber bestimmt, dass unterhaltspflichtige Kinder erst ab einem Jahreseinkommen von 100.000 € zur Finanzierung der Sozialhilfeleistung für ihre Eltern herangezogen werden. „Würde man das zurückdrehen, könnte der Staat zwischen 300 und 500 Mio. € jährlich einsparen. Auch entspricht es nicht der Kassenlage, die Zuständigkeit für Kinder und Jugendliche mit körperlicher oder geistiger Behinderung von der Eingliederungshilfe in die Jugendhilfe zu beschließen. Diese sog. inklusive Lösung darf nicht kommen. Das Vorhaben wäre sehr teuer und sehr aufwändig für die Verwaltung.“
Bürokratie abbauen – Verfahren vereinfachen
Ohnehin müsse die Koalition alles daransetzen, Bürokratie abzubauen und Verfahren zu vereinfachen. „So könnte man bei Förderprogrammen vermehrt Pauschalen einsetzen und Verwendungsnachweise bis zu einem bestimmten Betrag im vereinfachten Verfahren anfordern“, sagte Henneke.