
(EB). „Wir wollen Jugendlichen eine zweite Chance geben – und Projekte wie dieses zeigen, dass sie bereit sind, Verantwortung zu übernehmen“, sagt Reinhard Meng, Geschäftsführer der Evangelischen Jugendhilfe Iserlohn-Hagen (EJH). Die Rede ist von fünf Jugendlichen der Wohngruppe „Stop and Go“, die in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Christus-Kirchengemeinde den traditionsreichen Auferstehungsweg im Iserlohner Stadtwald restauriert haben.
13 kunstvoll gestaltete Tafeln
Der Auferstehungsweg, eine rund acht Kilometer lange Wanderstrecke zwischen der Bauernkirche und der Auferstehungskirche in Dahlsen, besteht aus 13 kunstvoll gestalteten Tafeln, die den Weg Jesu von der Kreuzigung bis zur Himmelfahrt nachzeichnen. Jahr für Jahr müssen die Wegtafeln Wind und Wetter trotzen, doch die Zeit und leider auch Vandalismusschäden hinterlassen ihre Spuren. Die alljährliche Instandhaltung der Tafeln ist jedes Jahr eine Herkulesaufgabe für Zimmermann Martin Nitschke und Gemeindemitglied Anne Kluge, die sich dieser Aufgabe ehrenamtlich widmen. In diesem Jahr bekamen sie tatkräftige Unterstützung.
Jugendliche nehmen Verantwortung an
Die fünf Jugendlichen, die an dem Projekt teilgenommen haben, sind Teil von „Stop and Go“, einer sehr besonderen Form der Jugendhilfe. Hier wird straffällig gewordenen minderjährigen Jugendlichen eine Alternative zur Untersuchungshaft angeboten (www.jugendhilfe-iserlohn-hagen.de). „Viele der Jugendlichen haben in ihrem Leben nie gelernt, Konflikte fried- lich zu lösen oder Verantwortung zu übernehmen“, erklärt Lena Bürger, Gruppenleiterin des Programms. „Bei dieser Aktion konnten sie genau das tun: sich einbringen, anpacken und am Ende auf ein sichtbares Er- gebnis stolz sein. Um mitwirken zu können, haben die Jugendlichen so- gar ihre wöchentliche Besuchszeit durch Eltern und Angehörige in die Abendstunden gelegt.“
Gereinigt, gestrichen und repariert
Von früh morgens bis in den Nachmittag hinein wurde gereinigt, gestrichen und repariert. Holzbalken mussten erneuert, die Tafeln gesäubert und von Dornen, Moos oder Kritzeleien befreit werden. Ein Kraftakt, vor allem, weil einige Stationen im Stadtwald mit dem Pritschenwagen, auf dem sich Werkzeug und Material befanden, nur fußläufig zu erreichen waren. Zimmermann Martin Nitschke, der mit der Firma Petermann die Holzarbeiten übernahm, betonte: „Respekt an die Jungs, sie haben echt mit angepackt. Für einige war es sicherlich eine neue Erfahrung, aber man hat gemerkt, wie sie nach und nach Freude an der Arbeit gefunden haben.“
Zwischen Skepsis und Engagement
Nicht alle Jugendlichen waren von Anfang an überzeugt, bei dem kirchlich-diakonischem Projekt mitzuhelfen. „Einige von ihnen haben einen muslimischen Glaubenshintergrund und haben sich gefragt, ob sie diese Aktion unterstützen wollen“, berichtet Lena Bürger. Doch am Ende stand die Entscheidung fest: „Ja klar, wir machen das!“ Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Acht der 13 Stationen wurden restauriert, vier davon für eine Kompletterneuerung abgebaut. „Wir haben es fast geschafft“, freut sich Anne Kluge von der Evangelischen Christus-Kirchengemeinde. „Der Weg wird rechtzeitig zum Ostermontag wieder vorzeigbar sein.“ Denn dann steht die traditionelle Wanderung an, die um 10 Uhr an der Bauernkirche beginnt und in diesem Jahr bis zum CVJM Waldheim führt.
Ein Zeichen für die Zukunft
Die Restaurierung der Tafeln war mehr als nur ein Arbeitseinsatz – sie war auch der Auftakt zur Initiative „250 gute Taten“, mit der die EJH, Tochtergesellschaft der Diakonie Mark-Ruhr, anlässlich ihres 250jährigen Bestehens, welches im kommenden Jahr begangen wird, soziale Projekte ins Leben rufen will. „Wir möchten mit Aktionen wie diesen Menschen und Organisationen aus der Stadtgesellschaft zusammenbringen und einen Beitrag für soziale Gerechtigkeit und einem respektvollen Miteinander leisten“, erklärt Reinhard Meng.
Besondere Erfahrung für die Jugendlichen
Für die Jugendlichen von „Stop and Go“ war es eine besondere Erfahrung. „Sie haben nicht nur handwerkliche Fähigkeiten gelernt, sondern auch erlebt, wie wertvoll ihre Arbeit für andere ist“, so Lena Bürger. „Das ist eine wichtige Erkenntnis für unsere Jugendlichen.“ Und vielleicht auch ein kleiner Neuanfang – für den Iserlohner Auferstehungsweg ebenso wie für die jungen Männer, die ihn restauriert haben.